Angestellten aufgrund von Suchterkrankungen zu kündigen, ist berechtigterweise nicht ganz einfach. Wann und wie in akuten Fällen eine vertragliche Trennung dennoch möglich ist, zeigt die folgende Fallkonstellation des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LAG) auf. Eine Gewerkschaftsangestellte litt an einer Alkoholerkrankung. In den letzten vier Jahren war sie durchschnittlich an 236 Tagen pro Jahr arbeitsunfähig erkrankt.
In dieser Zeit führte sie zwar einige Entwöhnungsversuche durch, deren Erfolge jedoch entweder durch frühzeitigen Abbruch oder durch Rückfälle zunichte gemacht wurden. Außerdem war die Frau in dieser Zeit 16 Mal stationär im Krankenhaus aufgenommen worden. Schließlich erhielt sie eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Eine solche Auslauffrist bedeutet, dass die Kündigung erst zum Ablauf der Kündigungsfrist wirkt, obwohl es sich um eine außerordentliche Kündigung handelte. Gegen die Kündigung legte die Frau eine Klage ein – jedoch erfolglos.
Zunächst teilte das LAG die negative Prognose der Arbeitgeberin für weitere Fehlzeiten. Außerdem sah es eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Interessen. Bei einem Umfang von lediglich 10 % erbrachter Arbeitstage sah es das Arbeitsverhältnis als sinnentleert an. Zudem war völlig unvorhersehbar, wann die Arbeitnehmerin eine Arbeitsleistung erbringen könne. In Ausnahmefällen kommt daher eine außerordentliche Kündigung in Betracht, wenn beispielsweise die ordentliche Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen ausgeschlossen ist.
Allerdings muss dann zugunsten des Arbeitnehmers zwingend eine der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist eingehalten werden – und das war hier erfolgt. Die Arbeitnehmerin hat den Rechtsstreit daher verloren.
Hinweis: Eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist kann nach dieser Entscheidung gerechtfertigt sein, wenn eine negative Gesundheitsprognose wegen einer Alkoholerkrankung vorliegt.
Arbeitgeber müssen eben auch nicht alles mitmachen.
Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.07.2019 – 15 Sa 2498/18
Fundstelle: www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de