Wer in den 90er Jahren geheiratet und einen Ehevertrag geschlossen hat, stellt bei seiner Scheidung womöglich nun erstaunt fest, dass seit den 2000er Jahren verschärft auf etwaige Sittenwidrigkeit geprüft wird. So erging es einem Landwirt vor dem Landgericht Frankenthal (LG), der von seinem damaligen Notar Schadensersatz verlangte.
Der Landwirt wollte seine schwangere Verlobte einst nur heiraten, wenn diese auf sämtliche ehe- und erbrechtlichen Ansprüche gegen ihn verzichte, obwohl schon klar war, dass sie „nur“ den Haushalt führen und die Kinder erziehen solle und somit über keine eigenen Einkünfte verfügen werde. Die Frau ließ sich auf die Bedingungen ein und heiratete den Landwirt, der sich mit der entsprechenden notariellen Verzichtserklärung auf Zugewinn, Unterhalt und Versorgungsausgleich sicher fühlte. Als die Eheleute sich im Jahr 2019 trennten, kam es zum Streit über die Sittenwidrigkeit des Notarvertrags. Das für die Scheidung zuständige Amtsgericht hatte Bedenken, ob es zulässig war, bei Beginn der Ehe die Rechte einer schwangeren Ehefrau so weitgehend auszuschließen. Deshalb zahlte der Mann der Frau ca. 300.000 EUR als Abfindung – und verlangte die Summe prompt vom damaligen Notar als Schadensersatz zurück.
Der Landwirt argumentierte, dass er nicht geheiratet hätte, wenn der Notar ihn darauf aufmerksam gemacht hätte, dass derartige Notarverträge unwirksam sein können. Der Mann verlor das Verfahren gegen den Notar jedoch vor dem LG, denn das Gericht gestand dem Notar zu, dass er nicht hellsehen können musste, dass der Bundesgerichtshof (BGH) ganze zehn Jahre später seine Rechtsprechung zu Eheverträgen völlig neu konzipieren würde.
Hinweis: Die Novelle des BGH hat dazu geführt, dass in heutigen Eheverträgen jede Menge Belehrungen der Parteien zur etwaigen Sittenwidrigkeit zu finden sind.
Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 26.07.2021 – 4 O 47/21