Wohnt ein Unterhaltspflichtiger in einem Eigenheim und behauptet dann, ihm bliebe nicht genug, um den geschuldeten Kindesunterhalt zu leisten, mag man instinktiv zuerst die Stirn in Falten legen. Doch so einfach, wie es sich auf den ersten Blick liest, ist die Sache naturgemäß nicht. Denn hier spielen auch in den Augen des Bundesgerichtshofs (BGH) sowohl der Mietwert der Immobilie als auch diesbezügliche Kreditbelastungen eine Rolle.
Ein Vater zahlte für seine 13 und 15 Jahre alten Kinder aus geschiedener Ehe keinen Unterhalt, weil er sich diesen angeblich nicht leisten könne. Also sprang die Unterhaltsvorschusskasse beim Jugendamt ein und verlangte die Beträge vom Vater nun ersetzt. Der Vater verdiente bereinigt 1.664 EUR netto und hatte sich eine kleine Immobilie zum Selbstbewohnen bankfinanziert gekauft. Der Mietwert lag um 27,50 EUR höher als die Raten an die Bank. Insgesamt konnte der Vater sich damit unter Beachtung seines Selbstbehalts von 1.160 EUR nicht den Mindestunterhalt leisten, sondern nur 252 EUR je Kind (so das Amtsgericht). Die Unterhaltsvorschusskasse widersprach, da von den Darlehensraten nur der Zins, nicht aber die Tilgung abziehbar sei, und verlangte mehr. Das daraufhin eingeschaltete Oberlandesgericht verglich die Konstellation mit der Situation, in der der Vater zur Miete wohnen würde. Nach dieser Rechnung würde noch weniger für die Kinder zur Verfügung stehen – nämlich nicht die Differenz aus Wohnwert (350 EUR) und Darlehen (322,50 EUR).
Den Gedanken trug auch der BGH mit. Zwar handele es sich bei der Tilgung des Immobilienkredits um eine Vermögensbildung – und diese sei zu Lasten eines Mindestunterhalts Minderjähriger eigentlich nicht gestattet. Aber in diesem Fall gehe dies nicht „zu Lasten“ des Unterhaltsberechtigten, weil es ohne Zins und Tilgung den zu seinen Gunsten berücksichtigten Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete gar nicht gäbe.
Hinweis: Anders sähe die Lage aus, wenn die Darlehensraten höher als die ersparte Miete wären. Das wird beim Mindestkindesunterhalt sehr kritisch gesehen und muss zur Prüfung führen, ob eine ungewöhnlich hohe Tilgung vereinbart wurde.
Quelle: BGH, Urt. v. 09.03.2022 – XII ZB 233/21
Fundstelle: www.bundesgerichtshof.de