Angemessene Prüffrist für Haftpflichtversicherungen

Generell muss gegnerischen Versicherern bei der Regulierung von Unfallschäden eine Prüffrist von durchschnittlich vier bis sechs Wochen zugebilligt werden. Dass dieser Zeitrahmen aber je nach Komplexität der Unfallkonstellation durchaus weiter zu fassen ist, musste ein übereifriger Anwalt vor dem Saarländischen Oberlandesgericht (OLG) lernen.

Ein in Polen zugelassener Pkw fuhr in Deutschland auf ein Fahrzeug auf. Dessen Halter machte folglich Schadensersatzansprüche geltend. Zunächst schrieb sein Anwalt eine vermeintlich in Deutschland zuständige Haftpflichtversicherung an. Nachdem diese nur zögernd auf den Sachverhalt einging, wandte sich der Anwalt an das Deutsche Büro Grüne Karte e.V., das dem Anwalt einen Schadensregulierungsbeauftragten als einen Versicherer in Deutschland benannte. Diesem gegenüber machte der Anwalt die Schadensersatzansprüche geltend. Nachdem fünf Wochen nach Eingang des Schreibens bei der Versicherung immer noch keine Reaktion vorlag, erhob er Klage gegen das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. Daraufhin zahlte der Versicherer, der als Schadensregulierungsbeauftragter benannt wurde, die Forderung. Der Anwalt nahm seine Klage zwar zurück, beantragte jedoch, dem Deutschen Büro Grüne Karte e.V. die Kosten aufzuerlegen.

Das OLG entschied jedoch, dass der Geschädigte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, denn hier hatte der Anwalt die Klage schlichtweg zu früh eingereicht. Bei der Regulierung von Unfallschäden ist dem Haftpflichtversicherer grundsätzlich eine Prüffrist zuzubilligen, vor deren Ablauf kein Verzug eintritt und entsprechend auch keine Klage veranlasst ist. Das Saarbrücker Gericht führte aus, dass die Zubilligung einer angemessenen Prüffrist im Interesse der Gesamtheit der pflichtversicherten Kraftfahrzeughalter liegt. Die Prüffrist beginnt mit dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens.

Ihre Dauer ist vom Einzelfall abhängig, wobei dem Versicherer bei Unfällen mit Auslandsbezug eine längere als den durchschnittlichen Fällen vorgegebene Prüffrist von vier bis sechs Wochen zuzubilligen ist. Schließlich muss dieser erfoderliche Rücksprachen mit dem im Ausland sitzenden Versicherungsnehmer halten, um den Sachverhalt aufzuklären.

Hinweis: Die Dauer der dem Versicherer zuzubilligenden Prüffrist wird überwiegend bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall mit vier bis sechs Wochen angegeben. Jedoch gibt es für die Länge der Prüffrist keine festen oder starren Regeln. Bei komplexen Unfallhergängen, bei Auslandsbezug und auch bei mehreren dazwischenliegenden Feiertagen kann sich der Zeitraum der Prüffrist unter Umständen verlängern.

Quelle: Saarländisches OLG, Beschl. v. 17.07.2019 – 4 W 11/19
Fundstelle: www.olg-saarland.de