Oft zitieren wir an dieser Stelle die alte Weise „Wer schreibt, der bleibt.“ Diese Regel heißt jedoch nicht, dass ein fehlendes Schriftstück – hier im Fall des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Form einer Einschreibenbestätigung – einen Kläger automatisch sämtlicher Beweismittel beraubt. Denn im Ernstfall zählt die Summe aller weiteren Indizien. Und die führte hier zur Rechtmäßigkeit einer angeordneten Fahrtenbuchauflage.
Der Halter eines Fahrzeugs, mit dem ein Geschwindigkeitsverstoß begangen wurde, erhielt einige Monate später einen Bescheid mit Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, da der Fahrer nicht ermittelt werden konnte. Gegen den Bescheid legte der Betroffene Einspruch ein, da er sich darauf berief, zu keinem Zeitpunkt angehört worden zu sein und somit keine Gelegenheit gehabt habe, sich zur Fahrerperson zu äußern – diesbezügliche Anhörungsbögen seien ihm nicht zugegangen. Die Behörde gab dem Einspruch jedoch nicht statt und verwies auf die Aktenlage, nach der der Anhörungsbogen zweimalig an den Betroffenen verschickt worden sei.
Das OVG stimmte der Behörde schließlich zu, dass die Fahrtenbuchauflage rechtmäßig sei. Zwar sind die Anhörungsbögen nicht per Einschreiben verschickt worden, so dass kein postalischer Zugangsnachweis vorhanden war. Es reiche aber aus, wenn verschiedene Indizien zusammenkommen:
Zum einen wurden zwei Anhörungsbögen verschickt – jeweils korrekt adressiert. Die Schreiben waren auch nicht zurückgekommen, und das Schreiben mit der Fahrtenbuchauflage konnte schließlich ja auch zugestellt werden. Das genügte dem Gericht, um davon auszugehen, dass zumindest einer der beiden Anhörungsbögen zugestellt wurde. Warum diese vom Beklagten nicht zur Kenntnis genommen wurden, bleibe dabei unerheblich.
Hinweis: Die Feststellung des Fahrzeugführers ist im Sinne des § 31a Straßenverkehrszulassungsordnung unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Ob die Aufklärung angemessen war, richtet sich danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellen Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben. Dabei kann sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, an dem Verhalten und der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend (regelmäßig innerhalb von zwei Wochen) von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann.
Quelle: Hamburgisches OVG, Beschl. v. 23.09.2021 – 4 Bs 140/21
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