Dass bei einem Fahrerassistenzsystem beim heutigen Stand der Technik nicht erwartet werden kann, dass dies wie ein menschlicher Fahrer auf alle Besonderheiten vorausschauend reagiert, musste sich ein klagender Autofahrer vom Amtsgericht Dortmund (AG) im folgenden Fall erklären lassen.
Der Mann hatte sich einen Neuwagen mit abschaltbarem Fahrassistenzpaket gekauft. Das System enthielt unter anderem einen Geschwindigkeitslimitpiloten und einen Bremsassistenten – Funktionen, die mithilfe einer Frontscheibenkamera Verkehrsschilder erkennen und in Verbindung mit den Kartendaten des Navigationssystems die Geschwindigkeit vorschriftsmäßig regeln sollen. Doch aus Sicht des Käufers arbeitete das System nicht korrekt. Er kritisierte nicht nachvollziehbare Brems- und Beschleunigungsmanöver – so habe beispielsweise das Fahrzeug auf einer Autobahnumleitung über ein Raststättengelände das Tempo auf 30 Stundenkilometer reduziert, obwohl 80 erlaubt waren. Das AG wies die Klage des Mannes gegen den Verkäufer jedoch ab.
Nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) muss der Fahrer die Fahrzeugsteuerung unverzüglich übernehmen, sobald er erkennt, dass das Assistenzsystem überfordert ist. Bei hochtechnischen Systemen ist immer mit einer gewissen Fehleranfälligkeit zu rechnen, es muss lediglich dessen Basissicherheit gewährleistet sein. Dies ist hier der Fall gewesen, da das Auto aufgrund der Assistenzsysteme nie die Verkehrsregeln verletzt hatte (z.B. schneller gefahren als erlaubt). Da die Navigationssoftware schon wegen der Datenmenge nie vollständig und aktuell sein könne, darf ein Fahrer nicht damit rechnen, dass das System in besonderen Situationen (z.B. an einer Baustelle) immer die korrekte Geschwindigkeit einstellt. Solange das System nicht selbständig verkehrsordnungswidrige Fahrmanöver durchführt, liegt daher auch kein Mangel vor.
Hinweis: Im Hinblick auf die Beurteilung der Funktionstauglichkeit von technischen Systemen ist – wie das Urteil zeigt – der Stand der Technik maßgeblich. Und damit ist nicht alles technisch Machbare gemeint, sondern bei einem Neuwagenkauf der neueste Stand der jeweiligen Fahrzeugklasse.
Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 07.08.2018 – 425 C 9453/17
Fundstelle: www.justiz.nrw.de