Der folgende Verkehrsrechtsfall drehte sich um die Frage, wann ein Nutzungsausfall zu zahlen ist, wenn ein Geschädigter nicht in der Lage ist, den notwendigen Neuwagenkauf eigenständig vorzufinanzieren, und zu diesem Zwecke auch nicht willens ist, zur Entlastung der Gegenseite die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Das Landgericht Köln (LG) war daher gefragt. Bei einem unverschuldeten Unfall wurde das Fahrzeug des Klägers beschädigt. Die gegnerische Versicherung regulierte schließlich zwar den Sachschaden – nicht aber den geltend gemachten Nutzungsausfall. Denn die Beklagte war der Meinung, der Geschädigte habe durch die späte Bestellung seines Neuwagens gegen seine Schadensminderungsobliegenheit verstoßen. Zudem habe der Geschädigte den nach dem Unfallereignis angemieteten Ersatzwagen bereits nach kurzer Zeit zurückgegeben, was ihrer Meinung nach nahelegt, dass er einen Ersatz nicht wirklich gebraucht habe. Dagegen ging der Geschädigte vor.
Das LG hat entschieden, dass ein Nutzungsausfall für 275 Tage in Höhe von 38 EUR pro Tag zu zahlen ist, und brachte dabei lediglich 21 Tage in Abzug. Der Geschädigte darf die Ersatzbeschaffung von der Entschädigungsleistung des Schädigers bzw. dessen Versicherer abhängig machen, wenn er selbst dazu finanziell nicht in der Lage ist und die gegnerische Seite zuvor rechtzeitig auf die fehlende Möglichkeit zur Vorfinanzierung hingewiesen hat. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Geschädigte vollkaskoversichert ist.
In Fällen der vollen Haftung des Unfallgegners besteht weder die Pflicht noch die Obliegenheit, zur Entlastung des Schädigers die eigene Vollkaskoversicherung einzusetzen. Ebenso wenig ist man verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder zur Vermeidung von Folgeschäden einen Kredit aufzunehmen.
Ein Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit liegt im vorliegenden Fall lediglich für den Zeitraum vor, in dem der Kläger nach der Zusage der Haftung gewartet hatte, ehe er einen neuen Pkw bestellte – daher der Abzug um die genannten 21 Tage. Der Kläger hätte seit dem Unfall genug Zeit gehabt, sich über einen Kauf zu informieren. Weshalb selbst nach der Zusage zusätzlich noch vier Wochen gewartet wurde, ist insoweit weder ersichtlich noch nachvollziehbar. Dass die Auslieferung und Zulassung des bestellten Fahrzeugs mehr als vier Monate in Anspruch genommen habe, sei dem Kläger dabei jedoch nicht anzulasten. Auch die frühe Rückgabe des Ersatzfahrzeugs spricht in Augen des LG nicht dafür, dass der Geschädigte seinen Wagen ohne Unfall nicht im täglichen Gebrauch gehabt hätte. Dagegen spräche allein schon die Lebenserfahrung zur Nutzung eines privaten Fahrzeugs, das der Kläger in diesem Fall zudem erst kurz vor dem Unfall erhalten hatte.
Hinweis: Hat ein Geschädigter den Ersatzpflichtigen darauf hingewiesen, dass er bei der Ersatzbeschaffung seines Kfz zur Vermeidung von Nutzungsausfall- oder Mietwagenkosten auf die Ersatzleistung angewiesen ist, beinhaltet dies eine allgemeine Warnung vor einer Schadenvergrößerung einschließlich der Entstehung von Finanzierungskosten.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 02.06.2021 – 4 O 388/20