Der folgende Fall ist wieder ein Beispiel dafür, wie schnell Bürger der falschen Interpretation eines rechtlichen Begriffs unterliegen. Das Oberlandesgericht Celle (OLG) wurde durch die Revision eines von der Vorinstanz verurteilten Rasers damit beauftragt, über die Bedeutung der „höchstmöglichen Geschwindigkeit“ zu entscheiden. Der betreffende Autofahrer wurde vom Amtsgericht Zeven (AG) wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verurteilt. Gegen das Urteil legte er Revision ein und begründete diese damit, dass es an dem Merkmal des Erreichens einer höchstmöglichen Geschwindigkeit fehle. Denn er habe die Motorkraft seines Fahrzeugs gar nicht ausreizen, sondern nur vor der Polizei fliehen wollen.
Das OLG bestätigte jedoch die Entscheidung des AG. Das Merkmal der höchstmöglichen Geschwindigkeit meine nämlich nicht die technische Höchstgeschwindigkeit des geführten Fahrzeugs, sondern die in der konkreten Verkehrssituation erzielbare Höchstgeschwindigkeit. Es genügt also, dass es dem Täter darauf ankommt, in der konkreten Verkehrssituation die durch sein Fahrzeug bedingte oder nach seinen Fähigkeiten und nach den Wetter-, Verkehrs-, Sicht- oder Straßenverhältnissen maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Auch der Wille, vor einem Polizeifahrzeug zu fliehen, schließe diese Absicht nicht aus.
Hinweis: Das von der Revision bemühte Abstellen auf eine absolute Höchstgeschwindigkeit steht nicht nur in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, sondern würde den hier einschlägigen Straftatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 1 StGB praktisch nahezu leerlaufen lassen. Denn die absolute Höchstgeschwindigkeit ist – insbesondere bei hochmotorisierten Fahrzeugen – in vielen Verkehrssituationen gar nicht erreichbar, was die Fahrer somit unangemessen begünstigen würde.
Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 28.04.2021 – 3 Ss 25/21
Fundstelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de