Wer aus freien Stücken in voller Sachlagenkenntnis auf Urlaub verzichtet, verliert seine Ansprüche

Das folgende Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wirft einen langjährigen Grundsatz des deutschen Urlaubsrechts über den Haufen.

Der Sachverhalt:

Eine Arbeitgeberin bat einen Arbeitnehmer, vor Ende des Arbeitsverhältnisses seinen Rest- Urlaub zu nehmen. Dieser nahm jedoch nur zwei Tage Urlaub in Anspruch. Nachdem er die Vergütung für nicht genommenen Urlaub verlangt hatte, klagte er das Geld schließlich ein.

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht fragte nun beim EuGH nach, ob Urlaub verfallen könne, wenn der Arbeitnehmer ihn zuvor gar nicht beantragt habe. Einen automatischen Verlust der Ansprüche lehnte der EuGH ab, da dies mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sei. Denn ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich die schwächere Partei innerhalb des Arbeitsverhältnisses. Er kann daher davon abgeschreckt sein, seine Rechte gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen. Die Einforderung von Rechten kann den Arbeitnehmer Maßnahmen des Arbeitgebers aussetzen, die sich zu seinem Nachteil auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Die Ansprüche können laut EuGH allerdings dann verfallen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber durch eine angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen. Es ist hierbei jedoch Aufgabe des Arbeitgebers zu beweisen, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich rechtzeitig wahrzunehmen. Ist dieser Beweis möglich, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruchs und dem entsprechenden Verlust der finanziellen Vergütung nicht entgegen.

Hinweis:

Nun sind also die Arbeitgeber gefordert. Ein Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Die Ansprüche können künftig nur noch dann untergehen, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen Jahresurlaub zu nehmen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 06.11.2018 – C-684/16

Fundstelle: http://curia.europa.eu